In den dreißiger Jahren erforschte Wilhelm Reich als erster die Lebensfunktionen Lust und Angst mit der neuesten Technik, die Hautpotentiale im Millivoltbereich aufzeichnen konnte. Myron Sharaf schreibt dazu in seiner Reich-Biographie "Der heilige Zorn des Lebendigen":
Die Hauptexperimente bestanden aus Versuchen, Potentialveränderungen der erogenen Zonen während lustvoller oder unlustvoller Stimulationen zu messen: z.B. Kitzeln (lustvoll) und plötzlicher Druck oder Krach (unlustvoll).
Seine Aufzeichnungen zeigten, daß, wenn die Versuchsperson lustvolle Strömungsgefühle empfand, das Hautpotential in positiver Richtung anstieg. Wenn die Versuchsperson Schmerz, Druck oder irgendein unangenehmes Gefühl oder eine unangenehme Emotion empfand (außer Wut), wurde das Potential negativer. Die subjektive Gefühlsintensität, die von der Versuchsperson angegeben wurde, stand mit der quantitativen positiven oder negativen Veränderung in direktem Zusammenhang. Dieselbe Versuchsperson reagierte bei verschiedenen Versuchen entsprechend ihrer allgemeinen Stimmung unterschiedlich. Es gab eine »Enttäuschungs«-Reaktion. Nach einer Angstreaktion waren positive Veränderungen sehr viel schwerer zu erreichen, so, als wäre der Organismus »vorsichtig« geworden. Reich stellte auch einen »abstumpfungs«-Effekt fest. Wenn derselbe lustvolle Reiz widerholt ausgeübt wurde, flachte der ursprünglich positive Ausschlag ab.
Diese Entdeckungen hingen von einer entscheidenden Bedingung ab: die entsprechende Versuchsperson mußte emotionell gesund genug sein, Lust zu empfinden, besonders lustvolle Körperstömungen und sie mußte dazu fähig sein, diese Gefühle genau zu beschreiben. Hier begegnen wir einem der Probleme bei der Einschätzung der Forschungen Reichs: die meisten sind unfähig, diese Gefühle zu empfinden oder zuverlässig zu beschreiben und kein anderer Forscher hat jemals diese Variablen in Betracht gezogen. Reich fand, daß eine Peniserektion ohne Lustgefühle keinerlei Erhöhung des positiven Potentials zur Folge hatte. Diese Beobachtungen unterstützen Reichs Orgasmustheorie. (...) Dieser Prozeß, den er die »Orgasmusformel« nannte bestand aus vier Schritten:
1) Mechanische Spannung (Organe füllen sich mit Flüssigkeit; Anschwellen der Gewebe allgemein).
2) Die mechanische Spannung geht einher mit einem Anstieg der bioelektrischen Ladung.
3) Entladung der angesammelten bioelektrischen Ladung durch spontane Muskelkontraktionen.
4) Zurückfließen der Körperflüssigkeiten: Abschwellung (mechanische Entspannung).